Egel – die neuen Heimtiere

 

Leechesthe new pets

 

Verschiedene Egelarten lassen sich in kleinen Aquarien oder Aquaterrarien (Abb. 1) unproblematisch halten und vermehren. Da über die Lebensweise vieler Arten nur wenig bekannt ist, stellen die Hirudinea interessante Studienobjekte dar. Viele Egel sind zudem sehr bunt gefärbt, so dass sie außerdem auch recht attraktive Pfleglinge sind (Tab. 1, 2).


Gelegentlich werden Fischegel (Piscicolidae) in Aquakulturen eingeschleppt. Während diese Egel in Aquarien meist zwar rasch zur Kokonablage schreiten, sind sie jedoch sehr hinfällig und haben sich als empfindliche Pfleglinge erwiesen, auf die hier deshalb nicht näher eingegangen werden soll. In Fischteichen können sie dagegen zur Massenvermehrung neigen und als gefährliche Parasiten wirtschaftlichen Schaden verursachen.

Zunehmend gelangen auch tropische und subtropische Egelarten mit ihren Wirtstieren oder Wasserpflanzen unbeabsichtigt nach Europa. So haben sich Populationen von Helobdella europaea (ursprünglich Nordamerika), Alboglossiphonia weberi und Barbronia weberi (beide aus Asien) in zahlreichen deutschen Aquarien etabliert und wurden teilweise bereits auch im Freiland nachgewiesen (H. europaea, B. weberi). Aus Zoologischen Gärten wurde Placobdelloides siamensis (Oka, 1917) an Krokodilen parasitierend gemeldet. In jüngster Zeit gelangten zwei weitere Glossiphoniiden in deutsche Aquarien. Aus Sulawesi wurde eine noch nicht bestimmte Torix-Art mit der Wasserschnecke Tylomelania gemmifera eingeführt. Eine ebenfalls noch nicht identifizierte Haementeria-Art wurde an Importtieren der Schildkröte Platemys platycephala aus Surinam gefunden.

 

Unterbringung. Die Haltung der genannten Süßwasseregel (Tab. 2) ist ganzjährig bei Raumtemperatur im Aquarium möglich. Zuchtstämme von 5-8 Exemplaren kleinerer Arten (Alboglossiphonia, Helobdella) können in Gläsern schon ab 0,5 L untergebracht werden; für größere Arten (Erpobdella, Glossiphonia) sind Becken ab 1,5 L erforderlich; für große Arten (Haemopis, Hirudo, Trocheta) sind Aquarien ab 40 cm Länge (20 L) zu verwenden. Standort hell aber absonnig. Bodengrund nicht erforderlich; Bepflanzung, z.B. mit Schwimmblattpflanzen (Riccia, Limnobium laevigatum, kleinere Exemplare von Stratiotes, ect.) wird von vielen Arten zum Aufenthalt und zur Kokonablage genutzt; Steine o. ä. als Versteckplätze. Aquarien ausbruchsicher abdecken (!), auch viele aquatische Arten verlassen gelegentlich das Wasser, vor allem in Stresssituationen. Verschiedene Arten recht unempfindlich gegenüber Wasserbeschaffenheit, Verwendung von chlorfreiem Leitungswasser möglich (z.B. Haemopis, Hirudo, Trocheta, Erpobdella); manche Arten empfindlich, Regenwasser oder klares Teichwasser erforderlich (Placobdella, Piscicolidae). Für Hirudinaria hat sich ein Innenfilter bewährt. Besonders bei räuberischen Arten mit hohem Stoffwechsel auf regelmäßigen Wasserwechsel achten. Säugetierblut saugende Arten erbrechen sich gelegentlich bis einige Tage nach der Blutaufnahme; gefütterte Tiere deshalb einige Tage separieren, bevor sie ins Gemeinschaftsaquarium zurückgesetzt werden, dabei regelmäßig Wasserqualität kontrollieren. Beim Wasserwechsel sowie beim Auslichten der Wasserpflanzenbestände im Aquarium ist akribisch darauf zu achten, dass keine Egel oder Kokons ins Freiland verschleppt werden (z.B. Barbronia)!

Vergesellschaftung verschiedener Egelarten der Wirbeltierparasiten meist problemlos aber bei Zucht auf Gefahr der Hybridisierung zwischen verschiedenen Hirudo-Arten achten. Hirudinaria manillensis „orange belly“ nicht mit anderen blutsaugenden Arten (!); vermutlich erfolgt bei gemeinsamer Haltung oder Fütterung Aufnahme der Hirudinaria-Symbionten durch die anderen Arten, was in der Regel den Tod dieser Arten nach einigen Wochen bedeutet. Große räuberische Arten (z.B. Trocheta, Haemopis) im Artbecken, gemeinsame Haltung mit einzelnen Glossiphoniidae (z.B. adulte Trocheta danastrica mit Helobdella europaea) mitunter möglich.

Tropische Landegel werden im feuchten, bepflanzten Terrarium ab 1,5 L bei Raumtemperatur oder etwas höheren Temperaturen (23-25°C) untergebracht. Bodengrund aus lockerer humoser Erde mit einigen aufliegenden Borkenstückchen als Versteck und zur Kokonablage.

 

Fütterung. Räuberische Arten bzw. Evertebratenparasiten werden mit verschiedenen lebenden Wirbellosen geeigneter Größe, wie Wasserschnecken (besonders Physa, Physella, Planorbarius), Tubifex oder Regenwürmern ernährt, gelegentlich wird Frostfutter angenommen; Schlingern (z.B. Erpobdella, Haemopis) kann behelfsweise auch Käse oder Schabefleisch (Vorsicht, Wasser verdirbt sehr schnell!) angeboten werden. Fütterung zwei- bis dreimal pro Woche, während Winterruhe ein- bis zweimal pro Monat. Säugetierparasiten (Hirudo, Limnatis, Placobdella) können mit Schlachttierblut gefüttert werden. Auf Zusätze von Antikoagulantien sollte verzichtet werden, koaguliertes Blut (Blutkuchen) wird durch Speichel der Egel verflüssigt. Egel können in fest verschließbaren Gefäßen direkt in das Blut gesetzt werden (auch für einige Stunden, z.B. über Nacht). Alternativ kann Hirudo direkt am Pfleger angesetzt werden, Nachblutungen können der Ernährung von Jungtieren bzw. Limnatis und Placobdella dienen. Dazu werden die Nachblutungen in einem extra Glas aufgefangen und die Egel für bis zu mehreren Stunden direkt hinein gesetzt. Die Tiere dürfen zu jeder Mahlzeit nur am selben Pfleger saugen, um eventuelle Krankheitsübertragungen zu vermeiden. Fütterung ein- bis dreimal pro Jahr (Adulti, Jungtiere nach Bedarf öfter), während Winterruhe nicht. Frisch gefütterte Hirudo separieren, da Übergriffe von hungrigen Exemplaren möglich. Nach Blutaufnahme erhöhter Stoffwechsel, nicht selten Erbrechen, daher meist häufiger Wasserwechsel erforderlich.

Jungtiere sind mit gleichem Futter zu ernähren wie adulte Egel, auf angemessene Größe der Futtertiere ist zu achten; Regenwürmer z.B. durch Tubifex ersetzen, parallel zu Kokons von Erpobdella Schneckenlaich im selben Becken entwickeln lassen (Achtung, große Exemplare von Lymnaea zerstören Kokons der Egel).

 

Zucht. Zur Stimulierung der Paarungsbereitschaft ist für viele Arten gemäßigter, winterkalter Breiten eine Winterruhe von Oktober/November bis  Februar/März bei Temperaturen zwischen 4 °C und 8 °C empfehlenswert. Fortpflanzung aquatischer Arten (z.B. Glossiphoniidae, Erpobdella, Barbronia) im Aquarium meist ohne Probleme möglich. Kokonablage häufig an der Gefäßwand oder an Wasserpflanzen. Verschiedene semiaquatische Arten (z.B. Trocheta, Haemopis, Hirudo, Hirudinaria, Limnatis) benötigen zur Kokonablage feuchte Erde. Ganzjährige Haltung im Aquarium verhindert Fortpflanzung. Bei beabsichtigter Zucht kann die Haltung zeitweise oder ganzjährig im Aquaterrarium (Abb. 1) erfolgen. Alternativ ist eine zeitweilige Unterbringung in feuchter Erde, ohne Wasser, möglich, sobald die bevorstehende Kokonablage durch ein aufgehelltes und verdicktes Clitellum angezeigt wird. Kokons werden abgesammelt und in Inkubator (in einfachster Art wassergefüllter Behälter mit Sieb zur Kokonzeitigung oberhalb der Wasseroberfläche, besser jedoch auf Sieb Moos zur Einbettung der Kokons geben oder direkt auf kleinkörnigem Lavamulch über dem Wasser inkubieren; Staunässe vermeiden!) überführt. Bei Zucht im Aquaterrarium können die Kokons auch im Landteil verbleiben, Jungtiere können nach dem Schlupf aus dem Wasser gefischt und separat aufgezogen werden. Torfmoos zur Kokonzeitigung hat sich nicht bewährt, da zunehmende Vernässung bei längerem Gebrauch. Kokons von Hirudo troctinaconcatenata“ müssen nach Kokonablage aus der Erde gesammelt und auf Lavamulch o. ä. überführt werden, um luftig und nicht zu feucht zu lagern.

Schlupf meist nach ca. 4 Wochen, bei Glossiphoniidae bereits nach einigen Tagen.

Mutteregel der Glossiphoniidae dürfen bei Brutpflege nicht gestört werden, Entwicklung der Kokons ohne Mutter nicht möglich. Jugtiere verbleiben im Gemeinschaftsbecken. Bei Wirbeltierparasiten wie Hirudo und Limnatis können Kokons im Aquaterrarium im Beisein der Eltern gezeitigt werden. Kokons räuberischer Schlinger wie von Erpobdella, Trocheta oder Haemopis sollten von Eltern separiert werden (Herausfangen der Alttiere). Jungtiere aller Arten (außer Glossiphoniidae), auch der semiaquatischen, sollten zur kontrollierten Aufzucht nur in kleinen, überschaubaren, weitestgehend dekorationsfreien Becken ausschließlich im Wasser gehalten werden.

 

Lebensdauer. häufig kurzlebig, ca. 1-2 Jahre (Glossiphoniidae, Erpobdellidae, Salifidae), meist Tod nach Fortpflanzung oder auch langlebig, über mehrere Fortpflanzungsperioden ausdauernd (Hirudinidae: Hirudo etwa 20, maximal 27 Jahre); Entwicklungszeit und Lebensdauer stark vom Ernährungszustand abhängig, Hungerperioden fördern längeres Leben.   

 

 

Abb. 1: Aquaterrarium, allgemeiner Grundaufbau. Individuellen Anpassungen sind kaum Grenzen gesetzt, solange die Funktionalität mit einer gleichbleibend durchfeuchteten aber nicht durchnässten Erde gewährleistet ist. Eine Abdeckung der Erde mit Moos, Kork oder Borkenstücken wird gern angenommen. Als Substrat für die Kokonablage bevorzuge ich ungedüngte Gartenerde gegenüber Torfmoos (Sphagnum), da Gartenerde unter den gegebenen Bedingungen eine gleichbleibende Feuchtigkeit behält und nicht durchnässt, wie es bei Sphagnum der Fall ist.

 

 

 

Tab. 1: Aktuell von mir gepflegte Egel. Überzählige Nachzuchten werden abgegeben und können erfragt werden unter c.grosser@gmx.de.

Wissenschaftlicher Name

Art, deutsch

Bemerkungen

Barbronia weberi

 

 

Asiatischer Schlundegel

regelmäßige Nachzucht seit vielen Jahren

Haemopis sanguisuga

 

 Vielfraßegel

Nachzucht regelmäßig gelungen

 

 

Helobdella europaea

 

 

Gestreifter Plattegel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

regelmäßige Nachzucht seit vielen Jahren

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hirudinaria manillensis

 

 

Asiatischer Büffelegel

„orange belly

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

regelmäßige Nachzucht; sehr produktiv

Hirudo medicinalis

 

 

Medizinischer Blutegel

Nachzucht gelungen

Hirudo troctina

 

 

Dragoneregel,

var. „concatenata“ mit einer Verkettung der dorsalen Flecken durch dunkle Streifen

 

 

 

 

 

 

 

Nachzucht gelungen

Hirudo verbana

 

Ungarischer Blutegel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

regelmäßige Nachzucht

Placobdella cf. costata

 

 

Schildkrötenegel

Nachzucht aktuell angestrebt; Nachzucht über mehrere Generationen in der Vergangenheit geglückt

 

 

 

 

Trocheta danastrica

 

 

Odessa-Riesenegel,

Durdubak

regelmäßige Nachzucht seit vielen Jahren; nach neuesten molekularbiologischen Untersuchungen des Zuchtstamms soll dieser zu T. kesir-venensis gehören

 

 

 

Eine Auswahl besonders geeignet erscheinender Arten soll im Folgenden vorgestellt werden:

 

Tab. 2: Haltung ausgewählter Hirudinea – Übersicht

 Taxon

Herkunft

Länge

Haltung

Bemerkungen

Plattegel

Glossiphoniidae Vailant, 1890

weltweit verbreitet, alle Kontinente außer Antarktis

sehr klein (< 1cm) bis sehr groß (50cm)

ganzjährig im Süß-wasser; saugen an verschiedenen Wirbellosen, z. T. auch an Wirbel-tieren; kurzlebig, daher regelmäßige Nachzucht erfor-derlich

interessant durch Brutpflege

Bernsteinfar-bener Schne-ckenegel Alboglossiphonia hyalina (O. F. Müller, 1774)

Europa, verbreitet in stehenden Gewässern

bis ca. 10 mm

aquatisch, Nahrung: Wasserschnecken (Lymnaeidae);

für Zucht Winterruhe empfehlenswert

gut haltbar; im Gebiet zwei weitere Arten: A. heteroclita und A. striata, diese etwas empfindlicher

Asiatischer Schneckenegel
Alboglossi-phonia weberi Blanchard, 1897

Südost-Asien, Japan, China, Indien, Nepal; in Aquarien eingeschleppt

bis ca. 15 mm

aquatisch; Nahrung: kleinere Wasserschnecken (z.B. Physa, Jung-tiere von Planor-barius und Melan-oides);

Temperatur: ganz-jährig über 20 °C

wenig produktiv; Körper sehr trans-parent, daher Beobachtung der inneren Morphologie am lebenden Tier sehr gut möglich, z.B. Reifung der Eizellen

Großer Schne-ckenegel

Glossiphonia complanata (Linnaeus, 1758)

Europa, häufig

bis 40 mm

aquatisch;

Nahrung: Wasser-schnecken;

für Zucht Winterruhe empfehlenswert

etwas träge, emp-findlich gegenüber höheren Tempera-turen (dauerhaft nicht über 20 °C)

Riesenegel
Haementeria ghilianii
Filippi, 1849

Amazonas- u. Franzö-sisch Guayana-Gebiet

bis 500 mm

aquatisch;
Nahrung: Säuger-blut; Temperatur: 25-27 °C;
pH: 5,2 – 6,2

größte Egelart der Welt; sehr große Becken ab 150 L verwenden, Heizung erforderlich; empfindlich

Gestreifter Plattegel

Helobdella europaea Kutschera, 1987

ursprüng-lich Nord-merika, häufig in Aquarien einge-schleppt, z. T. im Freiland nach-gewiesen

bis 25 mm, meist kleiner

aquatisch;

Nahrung: Wasser-schnecken (z.B. Physa), Tubifex, an Regenwürmern, Chironomidenlarven

anspruchslos, sehr produktiv, Fort-pflanzung auch ohne Partner;Vergesell-schaftung mit Zwerggarnelen und Wasserasseln (Crustacea) geglückt

Zweiäugiger Plattegel
Helobdella stagnalis (Linnaeus, 1758)

Holarktisch, sehr häufig

bis 18 mm

aquatisch;

Nahrung: Tubifex, Wasserflöhe, Chironomidenlarven

lebhaft; Becken ab 1,5 L; sehr produktiv; etwas temperaturemp-findlich; Vergesell-schaftung mit Erpobdella gut möglich

Schildkröten-egel
Placobdella costata (Fr. Müller, 1846)

 

Mittel- u. Osteuropa selten, Südosteuropa z. T. häufig; bis Vorder-asien

bis 60 mm

aquatisch;

Nahrung: Säuger-blut; für Zucht Winterruhe erfor-derlich

 

Regenwasser verwenden, etwas empfindlich;

Parasit der Europäischen Sumpfschildkröte, saugt auch am Menschen (vor allem an Hautläsionen)

Tropische Landegel

Haemadipsidae Blanchard, 1893

tropische und subtropische Regionen Asiens, Australiens und Afrikas

kleine bis mittel-große Arten

ganzjährig terrest-risch in gut be-pflanzten (z.B. mit Tradescantia) feuchten Terrarien, als Bodengrund lockere verrottete Erde; Kokonablage unter Holz (Bor-kenstückchen); vor allem parasitär an verschiedenen Wirbeltieren;

Temperatur zwischen 22-28 °C

meist auffällig gemustert bis bunt sowie sehr agil, dadurch attraktive Pfleglinge;

häufig Belästigung von Menschen in den Heimatländern bis zur Plage

Madagassischer Landegel

Malagabdella fallax (Blanchard, 1917)

Madagaskar

ca. 30 mm

Haltungsbedingungen entsprechend Familienbeschreibung; Nahrung: Säu-gerblut, Frosch-lurche; geschlechtsreif mit ca. 3 Monaten

Terrarium vor Überhitzung und Staunässe schützen; Fortpflanzung und Aufzucht gelungen, jedoch rasch hinfällig, Dauerhaltung noch nicht geglückt

Neuweltliche und Europäische Landegel

Xerobdellidae Moore, 1946

Alpenre-gionen Europas; Süd- und Mittelamerika

bis ca. 65 mm

ganzjährig terrest-risch; wahrschein lich sehr unterschiedliche Haltungsbedin-gungen hinsichtlich Nahrungs- und Temperaturan-sprüchen

lange Zeit nicht von den Haemadipsidae als eigene Familie abgetrennt

Europäischer Landegel

Xerobdella lecomtei Frauenfeld, 1868

Europa: Ostalpen

bis 65 mm

nach Reisinger: ganzjährig terres-trisch, feuchtes Terrarium mit Erde und altem Buchen-laub; alternativ in großen Petrischalen mit feuchtem Filterpapier, einigen alten Buchenblättern und feuchten Rindenstückchen; Nahrung: Oligochäten (nicht aus Düngerhaufen) Temperatur zwischen 10-15°C, nicht über 25°C

Nachzucht wiederholt geglückt, sehr temperaturemp-findlich, versteckte Lebensweise

Vielfraßegel

Haemopidae Richardson, 1969

vorwiegend holarktisch, Afrika (?)

mittel- bis große Arten

ganzjährig im Süß-wasser, zur Zucht im Aquaterrarium oder temporär in Erde; räuberisch; Lebenserwartung meist nur über eine Fortpflanzungs-periode

meist leicht zu halten, z. T. aber auch spezialisiert mit Tendenz zur terrestrischen Le-bensweise (Hae-mopis elegans); Vergesellschaftung mit Hirudo möglich

Vielfraßegel
Haemopis sanguisuga (Linnaeus, 1758)

Europa, Asien; häufig;

verschiedene Farbvarianten

etwa 150 mm

amphibisch, Kokonablage in der Erde;

Nahrung: Regen-würmer, Wasser-schnecken, Jungtiere Tubifex, Chironomidenlarven

gut ausdauernd, interessant durch Größe und sehr variable Färbung

Blutegel

Hirudinidae Whiteman, 1868

weltweit verbreitet, alle Kontinente außer Ant-arktis

mittel- bis sehr groß

ganzjährig im Süß-wasser, zur Zucht im Aquaterrarium oder temporär in Erde; Blutsauger; langlebig, Lebenserwartung über mehrere Fortpflan-zungsperioden

Wirbeltierparasiten, häufig bunt, verschiedene Arten medizinisch genutzt, z.T. auch gefährliche Para-siten

Asiatischer Büffelegel

Hirudinaria manillensis (Lesson, 1842)

von Nepal über Indien und den südostasia-tischen Raum bis Hawaii; Kleinge-wässer im natürlichen Lebensraum frieren gele-gentlich kurzfristig zu (Nepal, N-Indien); „orange belly“ als Zuchtform mit gerin-gerem Anteil schwarzen Pigments

bis über 300 mm

amphibisch, Kokonablage in der Erde;

Nahrung: Säuger-blut; Temperatur zwischen 20-25°C; nicht dauerhaft über 25°C, kurzfristige Temperaturen unter 10°C werden ertragen

aufgrund der Größe und bunten Zeichnung attraktive Pfleglinge;

Becken ab 80 cm Länge mit Innen-filter; Zuchtform „orange belly“ ausdauernd und unempfindlich, andere Arten/ Formen der Gattung z.T. emp-findlich; nicht mit Hirudo vergesell-schaften oder füt-tern, führt sonst zu tötlichen Darm-erkrankungen bei Hirudo

Medizinischer Blutegel

Hirudo medicinalis Linnaeus, 1758

Europa, selten

etwa 200 mm

amphibisch, Kokonablage in der Erde; Haltung ganzjährig bei Zimmertemperatur; Winterruhe bei ca. 4-8°C für etwa 4 Monate möglich;

Nahrung: Säugerblut

ausdauernd, aufgrund bunter Zeichnung attrak-tive Pfleglinge; verträglich;

H. orientalis be-sonders farben-prächtig, z. T. in Labor- und gewerblichen Zuchten (Litauen, Russland)

Dragoner- od. Drachenegel

Hirudo troc-tina Johnson, 1816

Süd- und Südwest-europa, Nordafrika; verschiedene Farb-varianten, z.B. „var. concatenata“ (runde, orange eingefasste Flecken durch dunkle Längsstreifen verbunden)

etwa 100 bis 150 mm

amphibisch; Kokonablage in der Erde, Zeitigung über Wasser auf Lavamulch (luftig und nur leicht feucht); Haltung ganzjährig bei Zimmertemperatur; Nahrung: Säugerblut

aufgrund der geringeren Größe auch für kleinere Becken geeignet; von mir gehaltene Tiere entstammen einem Höhlengewässer mit ganzjährig konstant
16 °C Wasser-temperatur und 20°C Lufttemperatur

Ungarischer Blutegel Hirudo verbana Carena, 1820

ursprünglich Süd- und Südosteuropa bis Vor-derasien, z. T. verschleppt

etwa 200 mm

amphibisch, Kokonablage in der Erde; Haltung ganzjährig bei Zimmertemperatur; Nahrung: Säugerblut

ausdauernd, auf-grund sehr bunter Zeichnung attraktive und beliebte Pfleglinge; häufig medizinisch ver-wendet (in Apo-theken erhältlich); verträglich

Praobdellidae

(Sawyer, 1886)

nahezu weltweit, vor allem in wärmeren Gebieten

ca. 100 bis 200 mm

amphibisch, Kokonablage in feuchter Erde;

Nahrung: Säugerblut (z.B. als Nachblutung oder Schlachttierblut in extra Glas anbieten); Tempe-raturansprüche je nach Herkunft variabel 

saugen an Schleimhäuten der Säuger und verbleiben hier z.T. mehrere Tage bis Wochen, durchdringen mit Kiefern nicht die äußere Haut

Echter Ross-egel

Limnatis nilotica (Savigny, 1822)

Circumme-diterran bis Mittelasien

etwa 100 mm

amphibisch, Kokonablage in der Erde;
Nahrung: saugt an Amphibien, Säu-gerblut; für Zucht Winterruhe emp-fehlenswert, sonst Haltung bei Zim-mertemperatur

gut haltbar, lebhaft; verträglich

Schlundegel

Erpobdellidae Blanchard, 1894

vorwiegend nördliche Hemisphäre

mittel- (wenige cm) bis sehr groß (> 20cm)

ganzjährig im Süßwasser, amphi-bische Arten zur Zucht im Aquater-rarium oder tem-porär in Erde, aquatische Arten stets im Wasser; räuberisch; kurzlebig, sterben meist nach erfolgter Fortpflanzung ab (1-2 Jahre), daher regelmäßige Nachzuchten erfor-derlich

meist anspruchslos, Kokonentwicklung aquatischer Arten gut zu beobachten

Hundeegel

Erpobdella octoculata (Linnaeus, 1758)

Europa, Asien; sehr häufig

bis 60 mm

aquatisch; Nahrung: Tubifex, kleinere Wasserschnecken (Physa, junge Planorbarius)

leicht zu pflegen, Embryonalentwicklung im Kokon gut zu beobachten; Vergesellschaftung z.B. mit Helobdella und Glossiphonia

Weißlippiger Schlundegel

Dina pseudo-trocheta Grosser & Eiseler, 2008

Westdeutsch-land, Umgebung Aachens; Belgien

bis 140 mm

aquatisch, Kokonablage im Wasser, im Freiland z.B. unter Steinen und Holz, im Aquarium bevorzugt an Blättern submerser Wasserpflanzen; Nahrung: Tubifex, Enchyträen, Regenwürmer, Jungtiere leicht mit Tubifex aufzuziehen

im Aquarium häufig versteckte Lebens-weise, können mit Garnelenpellet gelockt werden; robust; im Artbecken pflegen; Fortpflanzung bereits nach einem Jahr, Winterruhe nicht erforderlich; Vergesellschaftung mit Zwerggarnelen (Crustacea) geglückt

Odessa-Riesenegel

Trocheta danastrica Stschegolev, 1938

Südosteuropa: Donau- und Schwarz-meergebiet

bis 280 mm

amphibisch, Kokonablage in der Erde; Nahrung: Regenwürmer, an-dere Egel (Erpo-bdella, Barbronia), Jungtiere zunächst mit Tubifex (gut gewaschen!) aufziehen

größter Egel Euro-pas; gern in Riccia-Polstern; im Artbecken pflegen, Vergesellschaftung mit Helobdella europaea sowie Wasserasseln und Zwerggarnelen (Crustacea) geglückt; Kannibalismus im Freiland nachge-wiesen; z.T. als lebender Angelköder aus Serbien nach Deutschland exportiert

Elbe-Schlund-egel

Trocheta haskonis Grosser, 2000

Elbauen  Mitteldeutsch-lands, Südosteuropa

über 200 mm

amphibisch, Kokonablage in der Erde; Nahrung: Regenwürmer, an-dere Egel (Erpo-
bdella
, Barbronia), Jungtiere zunächst mit Tubifex aufzie-hen; für Zucht Winterruhe empfehlenswert

Bodentiere, Becken mit großer Grundfläche wählen; etwas empfindlich gegenüber höheren Temperaturen; widerstandsfähiger im Aquaterrarium, im Artbecken pflegen; Kannibalismus nachgewiesen

Südliche Schlundegel,

Stylet-Schlundegel

Salifidae Johansson, 1909

vorwiegend südliche Hemisphäre, wärmere Gebiete; aus-nahmsweise auch Sibirien

kleine bis mittelgroße Arten

ganzjährig im Süß-wasser, Kokonablage gern an Wasser-pflanzen; räu-berisch von kleinen Oligochaeten

ursprünglich afro-asiatisch verbreitet, einige Arten in Aquarien einge-bürgert; z.T. sehr leicht zu pflegen und sehr produktiv

Asiatischer Schlundege

Barbronia weberi

(Blanchard, 1897)

ursprünglich Süd- und Ost-asien, häufig in Aquarien einge-schleppt, z. T. im Freiland

bis etwa 40 mm, häufig kleiner

aquatisch;

Nahrung: Tubifex, Enchyträen, Chi-ronomidenlarven

anspruchslose Art, lebhaft, gern in Riccia-Polstern, Kokons häufig auf Blattunterseite von Limnobium aber auch an anderen Wasser-pflanzen (z.B. Ceratophyllum!), sehr produktiv, Fortpflanzung auch ohne Partner

 

 

Literatur.

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